Endstation Sehnsucht – Tennessee Williams

Endstation Sehnsucht – Tennessee Williams

Tennessee Williams mag nicht allen ein Begriff sein, doch spätestens den Titel seines Drama „A Streetcar named Desire“ – in der deutschen Übersetzung „Endstation Sehnsucht“ haben viele schon einmal gehört. Denn genau um dieses Stück soll es heute zu Ehren seines 110. Geburtstag gehen.

Gattung

Williams Stil würden die meisten als „Southern Gothic“ beschreiben, als Südstaaten Gotik und genau hier ist auch „Endstation Sehnsucht“ angesiedelt.  Southern Gothik beschreibt eine Untergattung der amerikanischen Schauerliteratur, in der exzentrische Figuren sowie groteske oder ironische Momente vorkommen. Charakterisiert wird das Ganze noch von Themen wie Missbrauch, Alkohol und Gewalt. Zudem muss die Handlung unmittelbar in den Südstaaten der USA spielen. Die bekanntesten Vertreter:innen sind Edgar Alan Poe, William Faulkner, oben erwähnter Tennessee Williams aber auch Anne Rice.

Werk

Protagonistin in Williams Stück ist die fragile und frühere „Southern Belle“, Blanche Dubois, welche unausweichlich mit dem Untergang der aristokratischen Kultur der alten Südstaaten, der zunehmenden Industrialisierung sowie dem Zuwachs an ethnischer Vielfalt konfrontiert wird. Aufgrund traumatischer Ereignisse ist Blanche nicht mehr gewillt Realität und Illusion voneinander zu trennen. Im späteren Verlauf ist es ihr psychisch auch nicht mehr möglich. In ihrem Kampf, ihre längst zerbrochene Fassade aufrecht zu erhalten; der letztendlich ihr weiteres Leben bestimmen soll, trifft Sie auf ihren Schwager, den vulgären und gewaltbereiten Stanley, der ihre jüngere Schwester Stella geheiratet hat. Beide Protagonisten, Blanche und Stanley könnten unterschiedlicher nicht sein. Blanche neurotisch hochsensibel, vermag es nicht mit Stanleys animalischer Vitalität umzugehen.
Der Versuch, den Scherbenhaufen ihres bisherigen Lebens vor ihrer Außenwelt zu verstecken, gelingt ihr immer weniger. Ihre aufgesetzte Fassade einer „Lady“ bröckelt und provoziert Stanley zunehmend, was mehr als einmal in einem Streit zwischen beiden endet. Bei diesem schreckt Stanley vor Brutalität nicht zurück.
Blanche, die man als labil bezeichnen könnte, versteht nicht, weshalb Stanley sie so behandelt und ist nach den Auseinandersetzungen vollkommen aufgelöst. Sie verstrickt sich zunehmend in ihrem eigens erbauten Gerüst aus Lug und Trug. Dieses wird ihr noch zum Verhängnis. Stanleys Freund Mitch geht mit Blanche ein Tête-à-Tête ein. Es kommt jedoch zum Eklat.
Mitch konfrontiert die fragile Blanche mit ihren Lügen und führt ihr ihre Realität und somit ihre bröckelnde Fassade vor Augen. Doch die frühere „Southern Belle“, kann und will der Realität nicht ins Auge sehen. Sie klammert sich wie eine Ertrinkende an ihre „Wahrheit“.

Blanche: „Ich will nicht die Wahrheit, ich will Fantasie.“ 

Nachdem Mitch die aufgelöste Blanche verlassen hat, kommt es wenige Tage später abermals zu einer Auseinandersetzung zwischen Blanche und ihrem Schwager Stanley. Dieser Streit ist sowohl Symbol für den fortgeschrittenen Zerfall Blanches und ihrer völligen Unfähigkeit sich den Gegebenheiten ihres Lebens anzupassen, als auch charakteristisch für das Genre, da Williams abermals die oben erwähnten Motive aufgreift, um durch Blanches Person den Untergang der aristokratischen Gesellschaft zu spiegeln. Sie schafft es nicht ihr scheinbar perfektes Äußeres aufrecht zu erhalten und ihr jetziges Leben zu akzeptieren. Immer noch im „Wahn“ ihrer „Wahrheit“ liegt ihr Leben längst in Trümmern.

Film (1951)

Blanches Charakter, ihre Hochsensibilität, sowie allgemein fragile psychische Verfassung, kommen nicht nur im Werk an sich sehr gut unter der brodelnden Oberfläche zum Vorschein, sondern auch in der Verfilmung (1951) mit der begnadeten Vivien Leigh, die für ihre Darstellung der Blanche einen Academy Award gewann.
Leigh spielte die Rolle der Blanche bereits im Londoner West End 326 Mal und dennoch war sie nicht die erste Wahl bei der Besetzung des Films. Am Ende überzeugte sie jedoch wie schon bei „Gone with the Wind“.
An Vivien Leighs Seite steht Marlon Brando als Stanley. Brando gilt als einer der bedeutendsten Charakterdarsteller des 20. Jahrhunderts. Weltweite Beachtung verschaffte sich Brando durch die spezielle Schauspieltechnik des „Method Acting“.
Das Training des Method Acting zielt darauf ab, die Fähigkeit zu haben auf „imaginäre Stimuli“ reagieren zu können. Bei dieser Technik steht nicht die „Nachahmung“ im Vordergrund. Durch ihre stilistische sehr unterschiedlichen Schauspielausbildungen, kam es am Anfang zu Problemen am Set. Brando geformt von den neuen Methoden Hollywoods verstand nicht viel von Leighs klassischer britischer Theaterausbildung und dennoch, ist es gerade diese Unterschiedlichkeit in ihrer Herangehensweise in ihrer Arbeit, die das Zusammenspiel der Beiden im Film so perfekt macht, spiegelt es doch auf gewisse Weise die Mannigfaltigkeit ihrer zu spielenden Charaktere dar.
In meinen Augen ein wirklich gelungener Film, der trotz seiner Länge von 2 Stunden nicht einmal langatmig ist.

 

 

 

 

 

 

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